Le Premier ministre, Jean-Claude Juncker au sujet de la situation financière de la Grèce et du Fonds monétaire européen

Sven Hasenclever: Jean-Claude Juncker ist jetzt am Telefon. Schönen guten Morgen, Herr Ministerpräsident.

Jean-Claude Juncker: Guten morgen.

Sven Hasenclever: Die griechische Regierung macht nun Spekulanten für ihre Probleme auf den Finanzmärkten mitverantwortlich. Immerhin aber haben ja die Griechen jahrelang falsche Zahlen über ihren Haushalt nach Brüssel gemeldet, sich auch den Beitritt zur Eurozone quasi erschlichen und sich dann völlig überschuldet. Klingt da die plötzliche Furcht vor Spekulanten nicht eher nach dem Versuch von eigenem Versagen abzulenken?

Jean-Claude Juncker: Nein, das könnte so klingen wenn alles das was Sie jetzt gesagt haben so in aller Schärfe zutreffen würde.

Sven Hasenclever: Tut es das nicht?

Jean-Claude Juncker: Nein, in dem Sinne tut es das nicht, dass es nicht mein Eindruck ist, und auch nicht mein Wissensstand, dass Griechenland jetzt versuchte von seinem eigenen Fehlverhalten abzulenken.

Die Griechen sind sich sehr wohl bewusst, dass sie in den vergangenen Jahren keine solide Finanzpolitik geführt haben. Die Griechen sind sich sehr wohl bewusst, dass es ihre Sache ist, ihre eigenen Hausaufgaben zu erledigen, bevor die Europäische Union oder die Eurozone, oder wer auch immer, dies für sie tun könnte.

Griechenland hat ein sehr ernsthaftes, durchdachtes, stringentes Sparprogramm vergangene Woche vorgelegt, auf das die Finanzmärkte ja relativ positiv reagiert haben. Nein, so ist es nicht, dass die Debatte über das was jetzt zusätzlich an Regelwerk in Europa und in der Welt aufgestellt werden müsste um beispielsweise Kreditausfallversicherungen einigermassen in den Griff zu kriegen, ein Alibi, ein Ausweichmanöver wäre, der Versuch wäre, irgendwo Brand zu legen um von einem anderen Brandherd abzulenken.

Sven Hasenclever: Aber eigentlich sind Rettungsmassnahmen für Schuldnerstaaten im Euroland ja verboten, und das aus gutem Grund. Jedes Land soll seinen eigenen Haushalt in Ordnung halten und wenn das nicht klappt muss es an den Märkten eben Aufschläge für Kredite zahlen. Jetzt soll dieses Prinzip mit der Schaffung eines Europäischen Währungsfonds aufgegeben werden. Halten Sie das für klug?

Jean-Claude Juncker: Ich hielte das nicht so klug, wenn es so wäre wie Sie sagen.

Sven Hasenclever: Also irre ich mich auch da?

Jean-Claude Juncker: Nein, Sie irren sich prinzipiell nicht, aber man kann die Dinge nicht so einfach darstellen, auch wenn das dem besseren Verständnis dient.

Was mit der Schaffung des Europäischen Währungsfonds angedacht ist, und da gibt es noch tausende Fragen zu klären, ist nicht die Umschiffung der No-bailout-Klausel; ist nicht die Umschiffung des Prinzips, dass niemand für einen, der sich nicht richtig verhält, zahlend einspringen muss.

Es geht darum, dass, wenn man mit einer Lage eines Tages konfrontiert sein könnte, dass die Konsistenz und die Kohäsion der gesamten Eurozone so fragilisiert würde durch Spekulation, dass man dann eine gemeinsame, schlüssige Antwort aus einem Guss wird formulieren müssen dürfen, und die können wir so nicht formulieren für die gesamte Eurozone weil wir eben nicht über die Instrumente verfügen. Man darf nicht denken, mit der Schaffung des Europäischen Währungsfonds hätte man im Fall Griechenlands irgendetwas bewegt. Dies ist kein Instrument was für Lösungen à la Griechenland, falls diese notwendig würden, gedacht ist, sondern ist ein etwas breiteres Instrument, das die gesamte Eurozone schützen soll und nicht nur ein Mitgliedsstaat.

Sven Hasenclever: Aber wie, das ist die letzte Frage, konnte sich die Krise Griechenlands zu einem solchen Problem auswachsen? Hat Brüssel die Länder der Eurozone nicht scharf genug kontrolliert? Was ist Ihr Eindruck?

Jean-Claude Juncker: Mein Eindruck ist so, weil ich dabei war, dass dieses herumgereichte Gerücht, man hätte sich mit Griechenland nicht intensiv genug befasst, so auch nicht stimmt.

Wir haben mit Griechenland über Jahre im Streit gelegen über sich heranbildende Defizitanschwellungen und das haben wir den Griechen immer wieder gesagt. Wir hatten nur vor Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages in der Eurogruppe nicht die Zugriffsmöglichkeiten die wir jetzt haben.

Ich bin sehr dezidiert der Auffassung, dass wir unsere Überwachungsmechanismen in der Eurogruppe ausdehnen und verbreitern müssen. Beispielsweise ist das griechische Problem ursächlich darauf zurückzuführen, dass Griechenland seit dem Eintritt in die Eurozone beständig und permanent an Wettbewerbsfähigkeit verloren hat. Die Wettbewerbsdivergenzen zwischen den Ländern der Eurozone waren nie ein Problem, sind auch kein richtiges Problem, aber im Falle ihrer weiteren Ausweitung könnte dies sehr wohl ein Problem werden.

Deshalb müssen wir uns verstärkt mit den Wettbewerbsdivergenzen in der Eurozone beschäftigen. Das werden wir beispielsweise in der Eurogruppe am nächsten Montag tun, wo wir auf dieses Problem in einer horizontalen Einlassung aufmerksam machen werden und wo wir länderspezifische Empfehlungen erlassen werden damit die Länder, falls sie wettbewerbsmässig auseinander driften, wieder auf den Pfad der Tugend zurück finden.

Sven Hasenclever: Auf NDR-Info war das der luxemburgische Ministerpräsident und Eurogruppenchef, Jean-Claude Juncker.

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