"Lösung, die den IWF einbindet". Le Premier ministre Jean-Claude Juncker au sujet du Conseil européen et au sujet de la situation budgétaire et financière de la Grèce.

Luxemburger Wort: Wird auf dem EU-Gipfel über Griechenland gesprochen?

Jean-Claude Juncker: Ich kann mir nicht vorstellen, dass über Griechenland nicht geredet wird.

Luxemburger Wort: Wäre ein separates Treffen der Eurogruppen-Regierungschefs sinnvoll?

Jean-Claude Juncker: Nur wenn es ein erhebliches Maß an Übereinstimmung gibt, dass man zu einer tragfähigen, belastbaren Griechenland-Resolution kommt.

Luxemburger Wort: Andernfalls?

Jean-Claude Juncker: Es wäre ein absolutes Desaster, wenn es auf einem solchen Treffen keine Einigung geben würde.

Luxemburger Wort: Die Stimmen für eine Lösung der Probleme Athens mit Hilfe des IWF mehren sich. Was ist Ihre Meinung?

Jean-Claude Juncker: Mir wäre eine exklusive Euro-Lösung lieber, wo alle Mitgliedsstaaten des Euro- Währungsraums, falls diese notwendig würde, in der Form von europäisch koordinierten bilateralen Krediten an Griechenland Verantwortung übernehmen würden.

Luxemburger Wort: Eine Absage an die IWF-Variante?

Jean-Claude Juncker: Ich bin nicht dagegen, und ich denke, es wird die Lösung sein, dass man auch den Internationalen Währungsfonds mit einbindet. Dies hielte ich allerdings für einen einmaligen Vorgang, der nicht zu wiederholen wäre.

Luxemburger Wort: Inwiefern?

Jean-Claude Juncker: Es gibt gute, wenn auch nicht völlig nachvollziehbare Gründe, den IWF in das Lösungspaket mit einzubinden.

Luxemburger Wort: Welche?

Jean-Claude Juncker: Die Euro- und EU-Staaten sind zusammen einer der größten IWF-Aktionäre. Der europäische Anteil am Gesamtkapital des IWF beläuft sich auf 25 Prozent. Es ist nicht absurd, diesen Anteil auch zu nutzen, um im Griechenland-Fall eine Lösung heranwachsen zu lassen.

Luxemburger Wort: Unternimmt Athen ausreichend?

Jean-Claude Juncker: Die vom Parlament verabschiedeten Reformen zeigen, dass Griechenland die Not der Stunde erkannt und begriffen hat, dass es sich aus eigener Kraft aus dieser bedauernswerten Haushaltslage befreien muss.

Luxemburger Wort: Überzeugt das auch Spekulanten?

Jean-Claude Juncker: Ich gehe davon aus, dass die Finanzmärkte dies auch zur Kenntnis nehmen werden und dass die zum Teil in hohem Maße ungerechten Spekulationen gegen Griechenland aufhören.

Luxemburger Wort: Warum dann noch ein Notplan?

Jean-Claude Juncker: Falls die Situation kommt, von der wir hoffen, dass sie nicht eintreten wird, nämlich die Nichtfinanzierbarkeit des griechischen Haushalts an den Finanzmärkten.

Luxemburger Wort: Es gibt bereits Entscheidungen?

Jean-Claude Juncker: Am 11. Februar hat der Europäische Rat festgestellt, dass die Eurozone sich bereit hielte, einzuspringen, falls die Gefahr der Fragilisierung der Stabilität der Eurozone bestünde.

Luxemburger Wort: Auch konkretere?

Jean-Claude Juncker: In der Eurogruppe haben wir uns am 15. März im Grundsatz ohne eine formelle Entscheidung darauf verständigt, dass die Eurostaaten via bilateraler Kredite, von der EU-Kommission koordiniert, Griechenland zur Seite stehen würden.

Luxemburger Wort: Ist Athens Krise selbstverschuldet?

Jean-Claude Juncker: Griechenlands Lage ist in vollem Umfang selbstverschuldet.

Luxemburger Wort: Warum?

Jean-Claude Juncker: Griechenland hat es versäumt, nötige Strukturreformen einzuleiten. Die Lohnentwicklung sowohl im Privatsektor als auch im öffentlichen Bereich lag weit über den Möglichkeiten der Wirtschaft.

Luxemburger Wort: Die Konsequenz daraus?

Jean-Claude Juncker: Griechenland hat seit Eintritt in die Eurozone seine Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu den anderen Euro-Partnern vor allem im Norden Europas drastisch verschlechtert.

Luxemburger Wort: Können andere EU-Staaten für Athens Verbindlichkeiten einstehen?

Jean-Claude Juncker: Zu den Grundregeln der Euro-Disziplin gehört, dass niemand für die Verbindlichkeiten anderer haftet. An diesem "No Bail Out"-Grundsatz muss festgehalten werden.

Luxemburger Wort: Bilaterale Hilfe wäre demnach vertragskonform?

Jean-Claude Juncker: Bilaterale Hilfe auf Euro-Ebene gebündelt entspräche dieser Rechtsauffassung, dass kein Euro-Land für die Schulden eines anderen, sich fehlerhaft verhaltenden Euro-Landes haften muss.

Luxemburger Wort: Aus welchem Grund?

Jean-Claude Juncker: Bilaterale Kredite sind nicht die Übernahme von Staatsschulden des sich nicht tugendhaft benehmenden Landes.

Luxemburger Wort: Braucht die EU eine Wirtschaftsregierung?

Jean-Claude Juncker: Ich bin immer ein Anhänger von europäischen Wirtschaftsregierungen gewesen, insofern diese Vokabel die engere Koordinierung der europäischen Wirtschaftspolitiken, vornehmlich innerhalb der Eurozone, zum Inhalt haben soll.

Luxemburger Wort: Ist die EU-2020-Strategie Teil dieses Ansatzes?

Jean-Claude Juncker: EU-2020 hat teilweise mit der europäischen Wirtschaftsregierung zu tun. Aber man sollte nicht denken, dass, falls wir uns auf die Agenda von EU-2020 einigen würden, allen denkbaren Auflagen, die für eine Wirtschaftsregierung notwendig wären, Genüge getan wäre.

Luxemburger Wort: Bei der Wirtschaftsregierung geht es um mehr?

Jean-Claude Juncker: Es geht bei der Wirtschaftsregierung um die Wettbewerbsfähigkeit in den verschiedenen Ländern der Eurozone. Es geht um Strukturreformen, die über die Ziele von EU--2020 hinausgehen.

Luxemburger Wort: Zum Beispiel?

Jean-Claude Juncker: Beispielsweise die Sicherstellung der Finanzierbarkeit der sozialen Sicherungssysteme angesichts der in allen Ländern zu erwartenden demografischen Verwerfungen in den nächsten Jahrzehnten. Es geht um das Element der Lohnfindung in den Staaten der Eurozone.

Luxemburger Wort: Wie ist das Vorgehen bei der EU-2020-Strategie?

Jean-Claude Juncker: Was EU-2020 anbelangt, werden wir anlässlich dieses Gipfels nicht zu endgültigen Beschlussfassungen kommen. Dies wird erst im Juli geschehen. Wir werden uns jetzt auf die großen Zielsetzungen der 2020-Strategie zu verständigen versuchen.

Luxemburger Wort: Diese wären?

Jean-Claude Juncker: Eine Anhebung der Beschäftigungsquote auf durchschnittlich 75 Prozent. Nur zehn Prozent der Schulabgänger sollten über keinen Schulabschluss verfügen. 40 Prozent der jungen Menschen sollen einen postsekundären Abschluss haben. Die Erfüllung der beschlossenen Klimavorgaben. Die Anhebung der Anstrengungen für Forschung und Entwicklung auf drei Prozent des europäischen Bruttoinlandsproduktes. Und Armutsbekämpfung.

Luxemburger Wort: Wo hat Luxemburg Nachholbedarf?

Jean-Claude Juncker: In Luxemburg bedarf es gewissen Anstrengungen zur Erhöhung der Beschäftigungsquote und bei Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Hier befinden wir uns heute unterhalb der Zwei-Prozent-Marke.

Luxemburger Wort: Der Europäische Rat hat an Macht gewonnen. Ist das gut?

Jean-Claude Juncker: Ich bin grundsätzlich damit einverstanden, dass die eigentliche impulsgebende Institution auf Regierungsseite der Europäische Rat sein soll. Er muss aber beweisen, ob er das auch sein kann.

Luxemburger Wort: Wie meinen Sie das?

Jean-Claude Juncker: Ich bin sehr daran interessiert, dass man nicht denkt, nur noch die Staats- und Regierungschefs würden Tempo und Zuschnitt der zu ergreifenden Maßnahmen in der EU bestimmen. Die Fachministerräte behalten ihre Wichtigkeit. Nicht alle Entscheidungen sollten von Generalisten getroffen werden.

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