Le ministre des Affaires étrangères au sujet des 25 ans de la signature des accords de Schengen

Interview von Alexander Krahe:

Die Europäische Union feiert sich heute ein bisschen selbst, in Erinnerung an bessere Zeiten, so hat man den Eindruck, als Europa einig war.

Heute vor 25 Jahren wurde das Abkommen Schengen 1 unterzeichnet, und Millionen Europäer profitierten seither davon. Das Abkommen, benannt nach dem luxemburgischen Ort Schengen, brachte den Wegfall der Grenzkontrollen, und weitgehende Reisefreiheit innerhalb der Europäischen Union.

Ich bin jetzt verbunden mit dem luxemburgischen Aussenminister Jean Asselborn. Guten Morgen Herr Asselborn.

Jean Asselborn: Guten Morgen Herr Krahe.

Alexander Krahe: Sie haben gestern mit hunderten Gästen bei einem Festakt ein Europa ohne Grenzen gefeiert, eben in Schengen. War da so etwas wie europäisches „Wir“-Gefühl spürbar?

Jean Asselborn: Wir wissen alle, dass Schengen ein sehr, sehr starkes Symbol der Freiheit darstellt. Die Freiheit, Grenzen zu überschreiten, wie Sie richtig gesagt haben. Auf allen Kontinenten, kann man sagen, findet das sehr viel Beachtung und auch Nachahmungseffekte.

Ich muss Sie ein wenig korrigieren, es ist nicht nur die Europäische Union. In „Schengen“ haben wir ja auch Länder wie Norwegen, wie die Schweiz, wie Island, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind.

Aber Europa, als geographisches Europa, stellt 45 Länder dar. Wir sind jetzt erst zu 27. Wir müssen zeigen, dass Schengen keine Festung ist, und dass wir hier in den nächsten 25 Jahren auch noch weiterkommen.

Alexander Krahe: Die Initiative seinerzeit zum Schengenabkommen ging aus von Deutschland und Frankreich, im Bunde dann schnell mit den Benelux-Staaten, die das vorangetrieben haben. Man hat dann schnell Entscheidungen getroffen. Waren die Verhältnisse damals einfach übersichtlicher, und die Entscheidungsprozesse kürzer?

Jean Asselborn: Zuerst muss man sagen, dass in den Römerverträgen ja schon stand, dass Kapital, Waren und Dienstleistungen eigentlich frei zirkulieren konnten. Das war möglich für alles ausser für Personen. Der freie Verkehr für Personen bestand aber schon seit 1960 im Benelux.

Die Deutschen und die Franzosen haben damals an einem Strang gezogen. Sie haben bewusst das Ziel ein „Europa der Bürger“ verfolgt. Der Fakt, dass sie das nicht alleine machen konnten, sondern die drei Benelux-Länder miteinbezogen haben, von denen sie sich ja inspiriert hatten, war schon auch ein Zeichen von Solidarität.

Wenn man das Resultat heute sieht, dass zwei Länder, Deutschland und Frankreich, die beiden Hauptländer in der Europäischen Union, neben England natürlich, sowie mit anderen, Solidarität gegenüber den kleineren und mittleren Länder bewiesen haben, das bewegt schon die Sachen in die richtige Richtung. Heute muss man sich manchmal fragen, ob dieser Geist noch vorhanden ist.

Alexander Krahe: Genau heute an diesem Tag beraten die deutsche und französische Regierung hier in Berlin, was man tun kann gegen die Eurokrise, die Finanzkrise. Sie bereiten den EU-Gipfel von Donnerstag vor. Was glauben Sie, wie weit liegen Deutschland und Frankreich da auseinander? Da geht es ja um den Sparkurs, da geht es aber auch um die Frage einer europäischen Wirtschaftsregierung.

Jean Asselborn: Also, ich glaube, dass Deutschland und Frankreich wirklich den Anspruch haben, auch als Gründungsländer, und sehr mächtige Länder in der Europäischen Union, sagen wir einmal den Motor zu spielen.

Das Problem ist nur, dass beide, wenn sie das wollen, den Karren auch in dieselbe Richtung ziehen müssen, sonst gibt es Stillstand, oder politische Nervosität, und das ist heute manchmal der Fall.

Wenn Sie über Wirtschaftsregierung reden, bin ich davon nicht überzeugt, ob man weiss in Berlin und in Paris, ob man auch dasselbe meint, wenn man dasselbe sagt: in der Form, wie Sie wissen, will Frankreich das machen in der Eurogruppe, das sind 16 Länder, wo hingegen Deutschland das unter 27 machen will, wo ich auch Deutschland Recht gebe, denn wir können nicht wieder Europa in zwei spalten.

Aber in der Substanz, wenn man sagt Wirtschaftsregierung, ist das vielleicht das Schwierigste: ist man einverstanden, zum Beispiel in Berlin, wenn man die Mehrwertsteuer von 16% auf 19% hebt, dass das nicht in Berlin allein entschieden wird, sondern auch in Brüssel?

Ist man bereit in Frankreich das Finanzschild, was man hat, dieses „bouclier fiscal“, sagt man, ist man bereit das in Brüssel zu diskutieren?

Indexierung der Löhne, die wir in Luxemburg haben, ist man bereit in Brüssel da die Entscheidung nehmen zu lassen?

Das sind in der Substanz Fragen, wo Deutschland und Frankreich, glaube ich, wo Herr Sarkozy und Madame Merkel sich noch sehr oft treffen müssen, damit auch dasselbe wirklich in der Substanz zum Vorschein kommt, was gedacht ist.

Und wenn das nicht so gemeint ist, dann soll man schnell mit solchen grossen Begriffen aufhören, und sich auf das konzentrieren, was man kann, nämlich jetzt zusammen versuchen, Deutschland und Frankreich so aufzustellen, dass sie Europa mitreissen aus dieser Krise herauszukommen. Dass man das nicht alleine kann, sondern dafür die Solidarität aller 27 braucht, das sollte man sich auch wieder einmal ins Stammbuch der Deutschen und der Franzosen einschreiben.

Alexander Krahe: Ich danke Ihnen für das Gespräch. Das war der luxemburgische Aussenminister Jean Asselborn.

Heute vor genau 25 Jahren wurde das Abkommen Schengen 1 unterzeichnet, und nun kämpft man mit der Schulden- und Eurokrise, und bereitet den EU-Gipfel am Donnerstag vor.

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