"Monsieur euro s'exprime en faveur d'aides financières pour l'Irlande", Jean-Claude Juncker au sujet des problèmes budgétaires dans la zone euro et de la solidarité entre les Etats membres

Tiroler Tageszeitung: Herr Premierminister, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass während unseres Gesprächs das Telefon klingelt und Irland um finanzielle Hilfe bittet?

Jean-Claude Juncker: Das hat gerade geklingelt in Sachen Irland, aber es war kein Ansuchen um Hilfe aus dem Rettungsschirm. Irland hat bis jetzt noch keinen Antrag gestellt und nach intensiver Einschätzung der Lage wird es auch keine Hilfe benötigen, das Land ist bis Mitte 2011 finanziert. Ich bin sehr zuversichtlich, dass auch das neue Budget mit Einsparungen von 16 Milliarden Euro die Parlamentsmehrheit bekommen wird.

Tiroler Tageszeitung: Was wäre wenn Irland um Hilfe bittet?

Jean-Claude Juncker: Falls Irland einen Antrag auf Hilfe durch die EU stellt, müssen wir im Detail die Bedingungen verhandeln. Wenn Irland Hilfe braucht, wird die EU bereitstehen.

Tiroler Tageszeitung: Ist es technisch möglich, dass nur die Banken, die bis zu 50 Milliarden Euro benötigen, den Rettungsschirm in Anspruch nehmen?

Jean-Claude Juncker: Ja, diese Möglichkeit ist durchaus vorgesehen

Tiroler Tageszeitung: Hat die Eurogruppe bei dieser Budgetkrise zu lange zugeschaut?

Jean-Claude Juncker: Ja und nein. Wir haben intern schon länger beobachtet, dass die Budgetdisziplin in Griechenland, Irland und auch Portugal so nicht mehr weitergehen kann. Zurufe von der EU oder von anderen Mitgliedsstaaten sind aber verhallt.

Tiroler Tageszeitung: Hätte man diese Budgetkrise verhindern können?

Jean-Claude Juncker: Wir stehen generell vor dem Problem der Nichtregulierung. Man hätte die Finanzmärkte früher unter Kontrolle bringen und gefährliche Finanzprodukte überschaubarer gestalten müssen. So musste die Welt zusehen, wie sich die Finanzmärkte den freien Kräften des Marktes unterworfen haben. Auslöser für diese Krise war die weltweite Abkehr von Solidarität und den Kardinalstugenden der sozialen Marktwirtschaft.

Tiroler Tageszeitung: Sehen Sie mit dieser schweren Haushaltskrise in einigen Staaten Europa und den Euro in Gefahr?

Jean-Claude Juncker: Nein, ich sehe keine Ansteckungsgefahr auf andere Mitgliedsstaaten. Die betroffenen Länder haben den Ernst ihrer budgetären Situation richtig eingeschätzt und effektiv bekämpft. Auch die griechische Regierung ist bemüht, die Auflagen der Europäischen Union und des IWF zu erfüllen, auch wenn es aufgrund der Neukalkulation des Budgetdefizits noch zusätzliche Maßnahmen ergreifen muss. Aber generell sorge ich mich nicht um die Zukunft Europas und nicht um den Euro. Wenn es den Schilling noch gegeben hätte, spätestens jetzt würde es ihn nicht mehr geben.

Tiroler Tageszeitung: Musste erst diese Krise kommen, damit der Stabilitätspakt nach fast 20 Jahren auch eingehalten wird?

Jean-Claude Juncker: Der Stabilitätspakt ist die Zukunft. Wir haben daher auch auf dem Europäischen Gipfel einen Sanktionsautomatismus entworfen. Auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass das Prozedere noch automatischer wäre, nicht erst wenn die Exzesse ausufern. Jetzt muss erst der Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit das Fehlverhalten eines Mitgliedsstaates feststellen, bevor die Sanktionsmaßnahmen beginnen. Natürlich sollte nicht allein die Kommission über Sanktionen entscheiden, aber der politische Einfluss muss so gering wie möglich bleiben.

Tiroler Tageszeitung: Wenn jetzt im Zuge dieses riesigen Rettungspaketes die Staaten untereinander für ihre Schulden haften, erreicht dann nicht Europa eine ganz neue Dimension, fast wie die Vereinigten Staaten von Europa?

Jean-Claude Juncker: Ich bin allergisch gegen diesen Begriff. Ich bin gerne Luxemburger und Europäer. Die Europäische Union wird mit dem Rettungsschirm keine Transferunion, sie gibt Darleihen unter strengen Auflagen. Auch Österreich kann sich sicher sein, dass diese Darlehen auf Heller und Pfennig zurückgezahlt werden.

Tiroler Tageszeitung: Die Fed kauft um 600 Milliarden Dollar Staatsanleihen, die EU will selbst welche begeben. Wächst da eine neue Blase heran?

Jean-Claude Juncker: Im Fall der USA schon. Denn die Notenbank versucht, Schulden mit noch mehr Schulden zu bekämpfen, darin sehe ich sehr viele Gefahren. Im Fall der Euro-Anleihen handelt es sich um ein Instrument, das langfristig zur Solidarität der Mitgliedsstaaten notwendig wird. Jene Staaten, die sich um eine Haushaltskonsolidierung bemühen, werden durch niedrige Risikoaufschläge belohnt.

Tiroler Tageszeitung: Da wurde die Europäische Zentralbank aber schon sehr weich, wenn sie nun selbst Anleihen begeben soll, finden Sie nicht?

Jean-Claude Juncker: Nein, meiner Meinung nach hat die EZB sehr verantwortungsbewusst gehandelt, im Zuge dieser Krise musste sie auch unkonventionelle Maßnahmen ergreifen, indem sie etwa auch Staatsanleihen kauft. Nach dieser Ankündigung hat sich die Lage an den Märkten beruhigt. Und immerhin hat es die EZB geschafft, dass sich der Euro weltweit zur stabilsten Währung entwickelt hat und im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre die Inflation nie über zwei Prozent gestiegen ist.

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