Le ministre des Affaires étrangères, Jean Asselborn, au sujet des euro-obligations

Stefan Heinlein: Herr Asselborn, der Zwerg Luxemburg gegen die beiden Riesen Deutschland und Frankreich, fühlen Sie sich wohl in dieser Rolle?

Jean Asselborn: Wissen Sie, Premier Juncker spricht eher als Chef der Eurogruppe. Aber ich habe Ihnen jetzt aufmerksam zugehört. Ich glaube es ist allerdings auch schwer zu verstehen, dass das Verhindern der Entstehung von Eurobonds als eine positive Entscheidung verkauft wird. Man könnte fast den Eindruck haben, alle Probleme wären gelöst, wenn wir keine Eurobonds haben werden. So einfach ist es nicht.

Stefan Heinlein: Wer sind denn Ihre Verbündeten in der Debatte? Länder wie Griechenland, Irland oder Portugal, die selber hohe Staatsschulden haben?

Jean Asselborn: Nein, das glaube ich nicht.

Wissen Sie, die Eurobonds hat Premier Juncker nicht so aus der Tasche gezogen. Das ist eine Idee dessen Wurzeln auf Jacques Delors zurückgehen, der ein großer Franzose war und zu gleicher Zeit ein großer Europäer.

Mit der Frage der Eurobonds kommt auch die Frage nach der Solidarität zum Ausdruck: mit Blick auf Länder, die in schwierigen Phasen sind – vor allem Länder die zum Teil ja noch Diktaturen waren als die Europäische Union gegründet wurde – möchte man damit ein Stück Solidarität zeigen.

Wenn Sie mir eine Sekunde erlauben; ich habe wirklich den Eindruck, dass sich immer mehr das Schema durchsetzt "Deutschland 27% der Lasten, Frankreich 20%", also fast 50% der finanziellen Lasten. Es scheint, dass alles europäisch sinnvoll, wertvoll ist wenn Deutschland und Frankreich das, was sie tun, als EU-Interessen verkaufen. Doch alles, was nicht im Garten von Deutschland und Frankreich wächst, das scheint, a priori, nicht EU-hoffähig zu sein.

Wissen Sie, wir haben den Vertrag von Lissabon eigentlich ja alle gewollt, um mehr Integration und eben nicht mehr Dominanz der Grossen zu fördern. Hier muss man sehr gut aufpassen – auch in dieser Debatte über die Eurobonds – dass wir nicht auf einen falschen Weg kommen.

Stefan Heinlein: Nun gibt es, Herr Asselborn, Berechnungen hier in Deutschland – das war in den Sonntagszeitungen zu lesen – nachdem die Einführung gemeinsamer europäischer Staatsanleihen dem deutschen Steuerzahler jährlich rund 17 Milliarden Euro zusätzlich kosten würden. Können Sie vor diesem Hintergrund die deutsche Skepsis oder die wenig große Begeisterung der Kanzlerin und ihres Finanzministers verstehen?

Jean Asselborn: Wissen Sie, Zahlen sind unerbittlich. Ich weiß nicht wo die Zahl herkommt, ich weiß auch jetzt nicht wie sie gerechnet wurde. Ich weiß, dass sie seit gestern im Raum steht. Dann kommt ja gleich darauf auch die Geschichte "Deutschland sei der Zahlmeister, das lassen wir uns nicht bieten".

Wissen Sie, ich habe es schon einmal gesagt, aber ich werde es wiederholen: Deutschland exportiert für 800 Milliarden. Davon gehen 50% in die Europäische Union. Das wäre nie möglich, wenn es den Euro nicht gäbe, wenn es den Binnenmarkt nicht gäbe. Und darum glaube ich, dass auch Deutschland mittelfristig ein Interesse daran hat, dass auch Länder wie Polen, die Tschechei und andere dem Euro beitreten.

Wir haben eine Krise des Euros und wir müssen diese Krise zusammen bewältigen und wir müssen da europäisch an die Sache herangehen, nicht national, sonst schaffen wir das nicht.

Stefan Heinlein: Europäisch herangehen sagen Sie, heißt das übersetzt die Schulden werden kollektiviert?

Jean Asselborn: Nein, ich habe das schon gesagt, es sind Entwicklungen in der Eurogruppe zu Tage gekommen die in die falsche Richtung gingen. Aber auch [wird unterbrochen]

Stefan Heinlein: Was ist denn die richtige Richtung?

Jean Asselborn: Auch Deutschland, genau wie auch Luxemburg – da sind wir im selben Boot – haben vielleicht nicht rechtzeitig gesehen wie gefährlich es ist wenn Länder sich so hoch verschulden.

Jetzt haben wir nur eine Alternative. Der Euro ist da. Wir müssen den Euro verteidigen. Ich glaube, jeder vernünftige Mensch sieht, dass alles andere keine Alternative ist und sein kann. Jetzt müssen wir uns zusammensetzen und vielleicht auch das tun, was von Politikern erwartet wird, nämlich handeln. Nicht mehr so viel reden, sondern handeln und wenn wir gehandelt haben, gleich am nächsten Tag nicht wieder alles zerreden.

Stefan Heinlein: Heißt das im Klartext, Herr Asselborn, Deutschland und damit der deutsche Steuerzahler, wird künftig mehr zahlen müssen, so Ihre Forderung, weil Griechenland und Irland und vielleicht auch andere Staaten in der Vergangenheit zu viele Schulden gemacht haben?

Jean Asselborn: Wir haben den Euro aus dieser schwierigen Situation heraus zu bekommen. Und ich sage Ihnen nur, dass ich hoffe, dass wir nie mehr über Eurobonds reden zu brauchen. Wenn wir nie mehr über Eurobonds reden zu brauchen, dann haben wir die Länder in der Eurozone alle stabilisiert.

Stefan Heinlein: Aber aktuell redet man ja über Eurobonds.

Jean Asselborn: Ja, aber man will ja das Thema Eurobonds – das wird auch so geschehen, da bin ich mir sicher – am Donnerstag und Freitag ausklammern.

Aber in der Zukunft, wenn man nicht mehr über Eurobonds zu reden braucht, dann hat man es fertiggebracht, den Euro wieder zu stabilisieren. Das ist ja auch das Ziel was wir erreichen wollen.

Ich will jetzt nicht das Gegenteil behaupten, aber wir müssen jetzt aufpassen als Politiker, als europäische Politiker. Wir dürfen den Spekulanten nicht wieder das Öl aufs Feuer gießen. Wir müssen jetzt das tun wofür wir da sind. Wir müssen diese Woche diese leichte Vertragsänderung, Artikel 136 wie das heißt, umsetzen. Wir dürfen nicht von Stimmrechtentzug reden, nicht von Privatsektor undifferenziert reden, nicht von ultima ratio reden, sondern diesen Text fertig stellen.

Das Zweite das wir machen müssen, das ist auch eine klare Marschroute, ist dafür zu sorgen, dass der Stabilitätsmechanismus ja am 1.6.2013 stehen soll. Die Eurogruppe hat perfekte Vorbereitung gemacht. Das müssen wir machen.

Und dann das Dritte, das ist für mich das Wichtigste: die Existenzfrage des Euro darf man nicht anspornen. Das sollten wir vielleicht den Tories in England überlassen. Die sind da in ihrer Rolle. Aber all jene, die an Europa glauben und an die Integration glauben, die dürfen das nicht tun. Es geht hier schließlich nicht darum wer Recht oder Unrecht hat – Ja oder Nein zu Eurobonds – es geht um das Schicksal von Millionen von Menschen in der Europäischen Union und auch außerhalb der Europäischen Union.

Ich war letzte Woche in Afrika. Wenn Sie Afrika und Millennium Goals zusammenbringen und dazu diese Angst, die besteht, dass dem Euro etwas geschehen könnte, diese Angst, die dann auch in diesen Ländern außerhalb der Europäischen Union entsteht, das ist die Verantwortung der wir uns bewusst sein müssen. Deshalb, wie ich gesagt habe: weniger reden sondern handeln und nicht wieder zerreden.

Stefan Heinlein: Herr Asselborn, wenn ich Sie richtig verstehe, wenn diese drei Punkte die Sie grade angesprochen haben umgesetzt werden, dann kann man auch aus der Sicht von Luxemburg, aus der Sicht von Jean-Claude Juncker, auf Eurobonds verzichten?

Jean Asselborn: Wenn man es fertig bringt, die Stabilität des Euros abzusichern, dadurch dass man klare Entscheidungen trifft in dieser Woche und – da bin ich mir sicher, dass die Europäische Union dazu fähig ist – und man nicht wieder Öl aufs Feuer der Spekulanten gießt und wirklich Solidarität zeigt und nicht nur von Sanktionen redet, dann könnte man es fertigbringen.

Stefan Heinlein: Redet Angela Merkel im Moment zu wenig von dieser europäischen Solidarität, Herr Asselborn?

Jean Asselborn: Ich finde, dass in Deutschland vielleicht der Fehler gemacht wird – und ich bin nicht der Professor da, der das zu kommentieren hat – seit der Griechenlandkrise, dass zu viel das Nationale in den Vordergrund gestellt wird, dass von "Bismarck" und von "Zahlmeister" zu viel geredet wird. Man sollte mehr von Europa und von Solidarität reden, sogar wenn das 17 Milliarden kosten würde, die Deutschen aufbringen müsste.

Ich glaube, Deutschland hat so viele Vorteile mit dem Euro, mit dem Binnenmarkt, dass das auch zu packen wäre. Und Deutschland kann kein Interesse daran haben, dass irgendetwas in der Eurogruppe geschieht, was schief gehen könnte, da würde Deutschland viel mehr und eine viel größere Summe zu bezahlen haben.

Stefan Heinlein: Im Deutschlandfunk heute Morgen der Außenminister von Luxemburg, Jean Asselborn. Danke für das Gespräch und auf Wiederhören.

Jean Asselborn: Bitte Herr Heinlein, auf Wiederhören.

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