Jean Asselborn au sujet de la situation en Libye

Thomas Schaaf: Neben Wirtschaftssanktionen gegen das Gaddafi-Regime in Libyen setzt die Europäische Union bisher auf diplomatischen Druck. Militärische Optionen werden als Drohung formuliert, als Voraussetzung dafür werden allerdings ein Mandat der Vereinten Nationen und die Beteiligung von arabischen Ländern genannt.

Die Außenminister der EU-Staaten haben sich gestern in Brüssel beraten, und der Tag war gekennzeichnet von zum Teil widersprüchlichen Verhalten.

Frankreich ist vorgeprescht mit der Anerkennung des Oppositionellen Libyschen Nationalrates, als rechtmäßigen Vertreter des Landes. Die EU-Außenbeauftragte Ashton, hatte das zuvor abgelehnt. Deutsche Regierungsvertreter sagten zum französischen Schritt, dieser sei völkerrechtlich nicht relevant. Und das EU Parlament wiederum plädiert dafür, Beziehungen zur libysche Oppositionsvertretung aufzunehmen.

Jean Asselborn ist Außenminister des Großherzogtums Luxemburg. Herr Asselborn, welche Position haben Sie dazu?

Jean Asselborn: Man darf die Sache jetzt nicht überbewerten. Ich glaube, es nützt der Europäischen Union, dass man mit Menschen in Libyen, die sich gegen das Regime von Gaddafi wehren und dazu beitragen damit dieses Regime fällt, dass man zu diesen Menschen Kontakt hat.

Man muss allerdings aufpassen, dass die Franzosen eigentlich diesen Nationalrat nicht jetzt als Regierung anerkannt haben. Es ist ja so, dass Staaten nur Staaten anerkennen, keine Regierungen, keine Opposition. Die Franzosen haben gesagt, es sind Menschen mit denen man ins Gespräch kommen kann. Ich nehme an und ich hoffe, dass das auch so gesehen wird.

Zum Beispiel haben auch die Italiener Kontakte mit den Menschen die in Bengazi in der Führung sind. Das ist alles nicht schlecht, das ist gut, dass man diese Kontakte hat.

Ich sehe das ein wenig gelassener, und man soll hier keine großen Debatten jetzt vom Stapel lassen. Es kommt natürlich dazu, dass zum Beispiel dieser Mensch, der ja früher Justizminister war, eine Verantwortung hat in Sachen Krankenschwestern aus Bulgarien. Dass das nicht überall gut ankommt, wenn man diese Person anerkennt und annimmt, er wäre jetzt der Vertreter des libyschen Volkes, das kann ich gut verstehen. Aber ich glaube das war nicht so gemeint. Ich nehme an und ich hoffe wenigstens, dass das nur eine Kontaktstelle war oder ist, und das soll man also nicht dramatisieren.

Thomas Schaaf: Der Fall der bulgarischen Krankenschwestern, denen damals vorgeworfen worden war, sie hätten libysche Kinder mit dem Aids-Virus infiziert, ein sehr bizarres Thema war das, wo dieser Vertreter der jetzt zu den Oppositionellen gehört, im Gaddafi-Regime eine Rolle gespielt hat.

Trotzdem, Sie sagen, nicht überbewerten, aber das Vorgehen der EU wirkt unkoordiniert. Empfinden Sie das auch so?

Jean Asselborn: Nein, in dieser Frage bestimmt nicht.

Man muss hier klar sehen. Ich glaube, wenn man alles was jetzt auf dem Tahrir-Platz geschehen ist und in Tunesien geschehen ist in Betracht zieht, sollten wir sehr bescheiden sein.

Es ist am libyschen Volk selbst zu entscheiden wer sie in Zukunft regiert und wer die Opposition ist. Was wichtig ist, ist dass wir eine Einigung haben, dass Gaddafi und auch sein ganzer Hofstab keine Legitimierung mehr haben. Und das ist das was wichtig ist.

Wichtig ist auch, dass wir eine große Einigung haben, diese große humanitäre Hilfe weiter zu führen. Wir haben 120 Millionen Euro deblockiert, 60 davon kommen aus der Europäischen Union. Wir haben unheimlich viel gemacht für die Menschen, die Fremdarbeiter in diesem Land, damit sie in ihre jeweilige Heimat zurückkehren können. Und wir haben es auch geschafft eine Linie zu haben in der Zusammenarbeit mit der Arabischen Liga, mir der Afrikanischen Union und mit der UNO.

Das sind, glaube ich, die Fragen die uns weiterbringen. Diese Geschichte mit wem man reden soll und wie man denjenigen qualifiziert, das ist, glaube ich, nicht relevant.

Thomas Schaaf: Es sei am libyschen Volk selbst, sagen Sie. Zuschauen sei keine Option, haben Sie vor einer Woche gesagt, was Eingreifen angeht, da waren Sie im Kreis der EU-Außenminister der Erste und bisher einzige der sich angesichts der Gewalt Gaddafis gegen sein eigenes Volk für ein solches Eingreifen ausgesprochen hat. Wie wird das denn im Kreis der Außenminister inzwischen diskutiert?

Jean Asselborn: Ja, dazu stehe ich natürlich 100%ig. Die Tage, nachdem ich das gesagt habe, haben ja bewiesen, dass dieser Gaddafi wirklich ein Mensch ist, der sich nicht scheut Massaker am eigenen Volk zu begehen. Das ist etwas ganz ganz Schlimmes was da geschieht.

Und man muss sich in die Haut von vielleicht Zehntausenden Menschen in Libyen versetzen, die leiden, die vielleicht eine ganz leichte Verletzung haben und keine medizinische Hilfe mehr bekommen, die in Kerkern sitzen, die auch für die Freiheit kämpfen, für die Gerechtigkeit. Man muss vom Europäischen Rat in Brüssel aus ein Zeichen geben, dass man zu diesen Leuten steht, zu dem was ihnen geschieht, dass man ihnen mit den bescheidenen Mitteln die wir zur Verfügung haben hilft.

Jetzt kommt ja die Geschichte mit Bombardierung. Wenn Flugzeuge Gaddafis benutzt werden um Städte zu bombardieren, vielleicht Tausende und Zehntausende Tote die Konsequenzen davon sein könnten, und sich die Lage noch verschlimmert als sie jetzt zurzeit schon ist, haben wir auch gesagt – und ich glaube, dass wir auch einen Konsens gefunden haben – dass diese No-Fly-Zone, was ein sehr schwieriger, komplexer Akt ist, unter zwei Bedingungen in Erwägung gezogen werden könnte, und zwar in allerletzter Instanz.

Das ist erstens, dass man ein Mandat der UNO hat. Das war meine Position auch schon vor einer Woche. Das muss man haben. Zweitens, dass auch die arabischen Länder impliziert sind. Nicht nur das „Fragen nach“, sondern auch das „Sich Beteiligen daran“.

Es gibt arabische Länder die Luftwaffen haben, die durchaus mithelfen könnten dann auch dieses Flugverbot zu kontrollieren.

Ich bin also überzeugt, dass, wenn der Moment eintritt, was geschehen könnte, dass die Aufständischen und die aufständischen Regionen systematisch bombardiert würden, dass man dann nicht weiter zuschauen kann. Es ist schwierig, präzise Informationen zu haben, aber hier muss die Welt gerüstet sein und das haben wir vorbereitet.

Wir haben 4 europäische Vertreter im Weltsicherheitsrat, das sind Frankreich und England, wie Sie wissen, die permanente Mitglieder sind, und Deutschland und Portugal. Es ist natürlich nicht einfach in allen Ländern eine gemeinsame Linie zu finden die sich in dieser Frage herausschält, aber ich glaube, in einem Fall wo nichts anderes geht, da sind wir, auch hier als Europäische Union, trotzdem auf einem Konsensweg.

Thomas Schaaf: Das Vorgehen der Europäischen Union im Falle Libyen, wir hörten dazu den Außenminister des Großherzogtums Luxemburg, Jean Asselborn. Ich danke Ihnen.

Dernière mise à jour