Jean Asselborn au sujet de l'intervention militaire en Libye et des évolutions dans le monde arabe

Tageblatt: Wann müssen die Bombenangriffe der internationalen Militärinterventionstruppen in Libyen gestoppt werden?

Jean Asselborn: Wann die Bombenangriffe beendet werden sollen, ist eine schwierige Frage. Wenn Gaddafi morgen nicht mehr über Libyen herrschen würde, wäre es einfacher. Aber es steht nirgendwo in der UN-Resolution etwas davon, dass die internationale Gemeinschaft Gaddafi aus dem Amt "jagen" darf. Unter welchem Regime die Libyer leben sollen oder wollen, müssen sie selber bestimmen. Der Sinn und Zweck der Resolution ist eindeutig: Das Gaddafi-Regime muss daran gehindert werden, auf seine eigene Bevölkerung zu schießen.

Tageblatt: Wurde Gaddafis Widerstandskraft von der internationalen Gemeinschaft unterschätzt?

Jean Asselborn: Laut meinen Informationen von der NATO sind zumindest Gaddafis Luftstreitkräfte jetzt begrenzt. Da wird nicht mehr viel passieren. Allerdings - und darum geht es ja - ist das Hauptziel, die Zivilbevölkerung vor Angriffen zu schützen. Das passiert vor allem durch Operationen, die von Gaddafis Truppen zu Lande durch Panzer und nicht etwa nur in der Luft geführt werden. Und da ist die Resolution klar: Man muss die Zivilbevölkerung mit allen Mitteln schützen können, ohne dabei eine Besatzungsmacht zu entsenden.

Tageblatt: Wie sieht der weitere Verlauf des Libyen-Einsatzes aus?

Jean Asselborn: Es wird nach dem Treffen in London kommende Woche mehr Klarheit geben. (...) Was es unbedingt zu verhindern gilt, ist das Entstehen von zwei Libyen. Das würde niemandem etwas bringen. Das konnte ich auch heute bei den arabischen Botschaftern hier feststellen. Das wünscht sich niemand.

Tageblatt: Befassen wir uns mit Israel. Befürchten Sie, dass nach dem Bombenattentat von Mittwoch in Jerusalem der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern eskaliert?

Jean Asselborn: Ban Ki-moon ist hinsichtlich Israel etwas resigniert. Es gibt keinerlei Berechtigung für solche Taten, die unschuldige Menschen ihr Leben kosten. Das muss man verurteilen. Auch die Araber sagen, dass das nicht die Lösung sein kann. Auf der anderen Seite muss man wissen, dass der Status quo der palästinensischen Staatenbildung stets im Weg steht. Solange die Palästinenser keinen politischen Willen erkennen, können extremistische Gruppierungen auf lange Sicht von der Situation profitieren. Das hilft Israel auch nicht weiter.

Tageblatt: Wer könnte in diesem Konflikt weiterhelfen?

Jean Asselborn: Ich denke nicht, dass es eine Instanz oder ein Land gibt, das hier alleine etwas durchsetzen könnte. Amerika hat aber den größten Einfluss auf Israel. (...) Präsident Obama will in dieser Hinsicht eine positive Entwicklung bewirken. Die Einflussgrößen, die vor allem in den USA zum Tragen kommen, bereiten ihm aber jetzt große Probleme.

Tageblatt: Ist der arabische Frühling noch zu stoppen?

Jean Asselborn: Man kann die Geschehnisse mit denen von Mai 1968 vergleichen. Diese Bewegung ist wie ein Tsunami für die arabische Welt. Er ist nicht aufzuhalten. Einige arabische Kollegen meinen, dies sei für die arabische Welt ein Sprung aus dem 19. Jahrhundert ins 21. Jahrhundert. Die Menschen in der arabischen Welt wünschen sich mehr Gerechtigkeit und wollen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen.

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