Jean Asselborn au sujet du processus de paix israélo-palestinien

Heckmann: Schönen guten Morgen, Herr Asselborn!

Jean Asselborn: Guten Tag, Herr Heckmann.

Heckmann: Herr Asselborn, Netanjahu hat gesagt, Verhandlungen auf der Grundlage der Grenzen von '67 sind nicht möglich, Jerusalem sei unteilbar und es werde auch kein Rückkehrrecht für palästinensische Flüchtlinge geben. Wie bewerten Sie seinen Auftritt in Washington?

Jean Asselborn: Ja, man muss natürlich die Welt so nehmen, wie sie halt ist. Ich finde, dass der Leader der israelischen Regierung, Herr Netanjahu, der ja eigentlich alles macht, dass Verhandlungen mit den Palästinensern nicht vom Fleck kommen, dass er großen Beifall bekommt im Kongress, dass viele sich von den Stühlen haben reißen lassen von seiner Rede, dass vor allem die Republikanische Partei ja im Kongress sich wirklich ein tolles Echo gegeben hat an Premierminister Netanjahu. Die Leader der Palästinenser, Abbas und Fayyad, die ja wirklich alles tun, die ja wirklich alles tun, moderate akkurate Leute, um dem palästinensischen Volk wieder in der Westbank, in Ostjerusalem, in Gaza - denn das ist Palästina -, die dort leben, eine Regierung zu geben, die das Existenzrecht Israels natürlich anerkennt, auf Gewalt verzichtet, bereit ist, Konzessionen zu machen, die finden keine Anerkennung. Viel weniger: Man glaubt - das ist der erste Gedanke, der mir durch den Kopf gegangen ist, als ich die Bilder aus Amerika sah, dass man annehmen muss, dass das Gesetz des Stärkeren noch immer Hochkonjunktur hat auch in diesen Zeiten -, ich glaube, die Aussage Obamas, dass die Grenzen von '67, dass das die Basis ist von Verhandlungen, das ist in drei Teile geteilt. Erstens will er damit sagen, dass Palästina aus drei Teilen besteht, Ostjerusalem, Westbank, Gaza, dass man den Siedlungsstopp der israelischen Politik, dass man den stoppen muss, also Siedlungspolitik stoppen muss, und dass es aber möglich ist - das sagt er ja auch -, dass es einen Gebietsaustausch geben kann. Das ist für mich, diese Zurückweisung ist politische Arroganz, denn ich glaube, das ist sehr Besorgnis erregend, was der Premierminister von Israel macht, Obama zu sagen, er hätte keine Ahnung vom Nahost-Prozess.

Heckmann: Wenn ich Sie kurz unterbrechen darf, Herr Asselborn. Andererseits ist es ja so, dass Netanjahu gesagt hat, Israel sei bereit, auch Teile, wichtige Teile des Landes abzugeben, man werde durchaus großzügig sein, wenn es um die Ausdehnung eines zukünftigen palästinensischen Staates gehe.

Jean Asselborn: Ja. Darum verstehe ich eigentlich nicht, dass er die Idee von Obama von den Grenzen von '67, wo wir ja auch als Europäische Union schon seit vielen Jahren jetzt davon ausgehen, dass das die Basis ist, dass er das ablehnen muss und dass er sagen lässt, dass eigentlich Präsident Obama keine Ahnung hätte vom Nahost-Prozess. Hier sind selbstverständlich, wie man auf Englisch sagt, Swaps, Gebietsaustausche möglich, aber der Prozess kann nur, sagen wir mal, wieder vorankommen, wenn wirklich auch die Palästinenser wissen, dass diese Siedlungspolitik nicht endlos weitergehen kann und dass auch das Gebiet des palästinensischen Staates einen Zusammenhalt haben muss. In all diese Sachen macht diese israelische Regierung in der Tat eine Politik, die dem nicht entspricht.

Heckmann: Aber steht Israel nicht ein bisschen einseitig am Pranger, denn das Land ist ja nicht gerade von Freunden umgeben?

Jean Asselborn: Ja. Zum Beispiel dieser Status quo. Ich muss wirklich bedauern, dass der innerpalästinensische Dialog, diese Verbrüderung, wenn man das so sagen will - das ist ja ein Prozess, der nicht von heute auf morgen abgeschlossen werden sein wird -, dass der von der israelischen Seite torpediert wird. Wissen Sie, Salam Fayyad, das ist wirklich ein moderater Politiker, der steht an der Wiege dieser Idee. Warum? - ... , weil er weiß, dass Palästina als Demokratie Wahlen braucht nach 2012 und dass diese Wahlen nicht nur in der Westbank stattfinden können, sondern auch in Gaza und auch in Ostjerusalem. Darum will er eine Regierung, auch wenn es nur eine Übergangsregierung ist, für das ganze Volk zustande bringen. Und Hamas will aus Syrien raus. Hamas hat die Signale verstanden aus Ägypten und aus Tunesien, und wenn Hamas Teil ist einer palästinensischen Regierung, die bereit ist zu verhandeln mit Israel, eine palästinensische Regierung, die die Quartettbedingungen erfüllen muss, das heißt Existenzrecht Israels, Gewaltverzicht, dann verstehe ich eigentlich nicht, dass diese negative Haltung von israelischer Seite kommt. Der Status quo wird wieder zu einem Konflikt führen. Nur wenn ein palästinensischer Staat einmal Tatsache und Realität ist, kann Israel in Sicherheit leben, und die Freunde Israels müssen darauf pochen. Ich glaube, die, die applaudieren, dass Premierminister Netanjahu den Status quo verteidigen will, die haben Unrecht.

Heckmann: Aber wie sollte die Reaktion der Europäer denn ganz konkret aussehen?

Jean Asselborn: Die Reaktion der Europäer muss ganz klar sein, dass wir uns ganz, ganz klar mit viel Mut hinter die Aussage von Obama stellen, das ist richtig, und dass wir geschlossen auftreten, dass die 27 sagen, Status quo ist keine Option, Israel muss sich bewegen, dass man den Verhandlungen wieder eine Chance gibt. Wenn das nicht geschieht - und wir haben uns am Montag als Außenminister sehr intensiv damit beschäftigt; es gibt noch eine kleine Chance, dass Verhandlungen vor September wieder starten können -, wenn das nicht geschieht, sind wir im September vor der UNO für die USA und für die Europäische Union in einer extrem komplexen Lage. Wenn die USA für den palästinensischen Staat stimmen, stimmen sie ja eigentlich für den Frieden, aber das wird interpretiert, wie wenn sie gegen Israel und die Interessen Israels stimmen würden. Und die Europäische Union hat jetzt gesagt, okay, wir haben jetzt keine Entscheidung zu treffen, aber im Juli und im September haben wir einen Weg, einen gemeinsamen Weg, so hoffe ich es, zu finden, und gegen einen palästinensischen Staat vor der UNO stimmen heißt eigentlich gegen die elementarsten Menschenrechte stimmen.

Heckmann: Muss sich die Europäische Union, Herr Asselborn, überlegen, möglicherweise auch mit der radikal-islamischen Hamas Gespräche aufzunehmen?

Jean Asselborn: Es ist klar, dass Fayyad, vor allem er, mit Abbas diesen Schachzug gemacht haben, um Hamas zu integrieren in eine Einheitsregierung der Palästinenser. Diese Einheitsregierung unter der Führung von Abbas und Fayyad wollen sich mit Israel an einen Tisch setzen. Wenn das der Fall ist, wenn also Hamas mit in einer Regierung ist, die das Existenzrecht ja dann implizit und auch explizit anerkennen, weil sie die Bedingungen des Quartetts erfüllen, wenn das der Fall ist, dann glaube ich, dass wir auch jedenfalls anfangen müssen, Hamas zu sagen, dass ihre Position, um auf Gewalt zu setzen, um das Existenzrecht Israels infrage zu stellen, keine Position ist, die zum Erfolg führt, dass die nur destruktiv ist, und das ist genau das, was die palästinensische Regierung heute, wie gesagt, Abbas und Fayyad, erreichen wollen. Sie wollen Hamas die Chance geben nach dem, was geschehen ist und weiter geschieht in der arabischen Welt, auch eine Organisation zu werden, die auf den Frieden setzt und nicht auf Gewalt setzt.

Heckmann: Der Außenminister des Großherzogtums Luxemburg, Jean Asselborn, war das hier im Live-Interview im Deutschlandfunk. Herr Asselborn, danke Ihnen für das Gespräch.

Jean Asselborn: Bitte, Herr Heckmann.

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