Le ministre des Affaires étrangères, Jean Asselborn, au sujet de la situation en Afghanistan

Imke Köhler: Herr Asselborn, Sie haben im Hinblick auf den Luftangriff von einer Aktion gesprochen, die niemals hätte geschehen dürfen. Nun sind ja selbst bis jetzt die Umstände nicht wirklich klar, aber haben Sie das Gefühl, dass hier zu schnell, möglicherweise zu leichtfertig bombardiert wurde?

Jean Asselborn: Also, erlauben Sie mir vielleicht eine Vorbemerkung. Ich glaube Deutschland – das muss man immer wieder unterstreichen – leistet sehr viel in Afghanistan, vor allem das deutsche Militär. Afghanistan ist ja auch ein Politikum, und da will ich mich nicht einbringen.

Aber das Problem ist grundsätzlich folgendes: können wir mit den Mitteln, die wir einsetzen, das Ziel erreichen, Afghanistan zu stabilisieren und dem Land Frieden, Rechtstaatlichkeit, Menschenrechte, Verteidigung bringen?

Wenn es nur mit Bomben geht, dann muss man sich die Frage stellen, ob dieses Ziel zu erreichen ist. Auch das Bild, das wir abgeben, vor allem wenn es um das Leben von Zivilisten geht, müssen wir überdenken. Das ist die grundsätzlich politische Frage, glaube ich, die man sich nach einem solchen Vorkommnis zu stellen hat. Und dann, Sie haben es gesagt, ist die Aufklärung, das sagt ja auch die Bundeskanzlerin, muss geschehen.

Imke Köhler: Also zu dieser Frage, wie gehen wir da vor, wie kann die internationale Gemeinschaft wirklich Afghanistan helfen, und nicht schaden, hat sich ja auch Ihr schwedischer Amtskollege, der EU-Ratsvorsitzende Bildt geäussert. Er hat wörtlich gesagt, wir werden diesen Krieg in Afghanistan nur gewinnen, wenn wir nicht töten, sondern die Bevölkerung schützen. Das Problem ist aber doch, dass sich immer häufiger die Soldaten selbst schützen müssen, weil sie eben angegriffen werden, oder mit Anschlägen rechnen müssen. Wie kann man das durchbrechen?

Jean Asselborn: Auch hier muss man immer wieder betonen, dass, auch aus meiner Sicht, die internationale Präsenz richtig ist, dass viele Länder, auch europäische Länder, schon sehr grosse Opfer gebracht haben.

Wenn Sie mich das in einem Wort resümieren lassen, dann heisst das für mich: Erfolg der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan ist erst zu verzeichnen, wenn die Taliban bereit sind in die Regierung zu kommen, wenn die Taliban in der Regierung akzeptiert werden und mit rechtstaatlichen Mitteln mitregieren. Das ist ja das Ziel.

Die Niederlage wäre, wenn die internationale Gemeinschaft Afghanistan verlässt, und dann die Terroristen tags darauf das Sagen haben. Das ist ein sehr schwieriges Unterfangen.

Ich komme noch einmal zurück, wenn Sie wollen, auf diese Bombardierung. Bomben aus einem Flugzeug werfen muss ein ultimatives Vorgehen sein, um grösseren Schaden von Menschen abzuhalten. Wurden diese Regeln eingehalten? Spontan war das Meinungsbild ja nicht so evident, auch wenn man die deutsche Presse liest. Darum ist es sehr wichtig, dass diese Untersuchung schnell und transparent auch gemacht wird.

Imke Köhler: Sie haben am Wochenende auch über den Wiederaufbau in Afghanistan gesprochen, und da festgestellt, dass es noch grosse Defizite bei den zivilen Strukturen in Afghanistan gibt, gerade auch bei der afghanischen Polizei und der Justiz. Muss die EU sich da möglicherweise noch mehr als bisher engagieren, um eben auch in dieser Hinsicht Sicherheit zu schaffen in Afghanistan?

Jean Asselborn: Als EU müssen wir wirklich ein wenig ein schlechtes Gewissen haben. Wir haben es nicht fertiggebracht diese Polizei auf die Zahl aufzustocken die notwendig ist. Deutschland hat auch da, glaube ich, mehr als 20% gestellt. Das ist richtig. Andere Länder haben das noch nicht fertiggebracht. Es ist ein grosses Manko, auch im Bild was wir abgeben.

International und dann auf Europa auch bezogen, müssen wir ja wissen, dass jetzt der neue Präsident in Amerika an keinem anderen Thema so bemessen wird, als eben das was in Afghanistan geschieht. Er hat zwei Jahre Zeit. Und ich glaube das sollten wir in Europa auch wissen, in den zwei kommenden Jahren müssen wir alle Anstrengungen machen um in Afghanistan zu helfen.

Sicherheit ist eine Sache, aber Sie haben es richtig gesagt, Wiederaufbau ist das Allerwichtigste wo man die Menschen auch überzeugen kann, bei uns, wie in Afghanistan, warum wir da sind. Also diese zwei Jahre die jetzt kommen, werden entscheidend sein, und dann muss die Vorbereitung in die Phase, sagen wir einmal, der Afghanisierung, auch der Sicherheit des Landes anfangen.

Imke Köhler: Luxemburgs Aussenminister Jean Asselborn am Telefon der Radiowelt. Ich danke Ihnen für das Gespräch Herr Asselborn.

Jean Asselborn: Bitte Madame Köhler.

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