"Wir werden noch gebraucht". Jean Asselborn au sujet du rôle de l'UE

Knut Pries: Herr Asselborn, wenn Sie mit Ihren Kollegen über Iran und den Nahen Osten beraten - muss das Herrn Ahmedinedschad überhaupt interessieren?

Jean Asselborn: Ja. Die EU-Lander sind der größte Handelspartner Irans. Also gibt es ein klares iranisches Interesse, es nicht zum Bruch mit Europa kommen zu lassen.

Knut Pries: Kommt es denn dabei in der EU noch auf die Außenminister an?

Jean Asselborn: Der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs gewinnt sicher an Bedeutung. Aber die großen Auftritte und Erklärungen werden nicht reichen. Auch in Zukunft brauchen wir Außenminister, um die konkrete Arbeit zu leisten.

Knut Pries: Bundesaußenminister Steinmeier und zwei weitere Kollegen sind zum Treffen in Stockholm gar nicht erst gekommen. Indiz für den Bedeutungsverlust des AußenministerKollegiums?

Jean Asselborn: Deutschland hat in drei Wochen Wahlen, Steinmeier ist Spitzenkandidat. Ich verstehe das vollständig - der arme Mann hat einen Auftritt nach dem anderen. Die anderen werden wichtige Gründe haben. Aber das ist die große Ausnahme.

Knut Pries: Die Europa-Zuständigkeiten wandern in die Staatskanzleien, die großen Linien bestimmen die Chefs, wenn der Lissabon-Vertrag kommt, sitzt Ihnen ein eigener EU-Außenminister vor.

Jean Asselborn: Die Chefs können Akzente setzen, aber für die Vorbereitung und Umsetzung braucht man Leute, die in der Lage sind, eine Politik gründlich zu verfolgen. Außerdem: Auch mit Lissabon ist der politische Wille von 27 Regierungen zum Konsens nötig. Es wird sich ja nicht ändern, dass wir unterschiedliche Auffassungen haben über Russland, Serbien oder Zypern. Das eigentliche Problem ist ein anderes: Zwei EU-Länder sind festes Mitglied im UN-Sicherheitsrat und lassen sich gar nichts vorschreiben. Vier sind bei der G8, sechs bei der G20.

Knut Pries: Lissabon bringt mit dem "EU-Außenminister" und dem gemeinsamen diplomatischen Dienst technische Verbesserungen, aber keinen qualitativen Sprung?

Jean Asselborn: Der qualitative Sprung liegt darin, dass der Außenminister dann auch die Mittel der Kommission und einen kompletten diplomatischen Apparat zur Verfügung hat. Er wird eine Schnittstelle von Mitgliedsstaaten und EU-Zentrale sein.

Knut Pries: Die Sozialisten haben also Recht, wenn sie lieber den Außenminister als den EU-Ratspräsidenten stellen wollen?

Jean Asselborn: Da wissen Sie mehr als ich. Für mich bleibt der Kommissionschef die wichtigste Figur, weil die Kommission die treibende Kraft der Integration ist. Entscheidend ist, dass Ratspräsident, Kommissionschef und Außenminister nicht gegeneinander arbeiten.

Knut Pries: Wenn also Ahmedinedschad wissen will, ob die EU Ernst macht mit Sanktionen - an wen muss er sich halten?

Jean Asselborn: Ahmedinedschad wäre gut beraten, wenn er nicht nach einer einzigen Adresse sucht, sondern aufmerksam zur Kenntnis nimmt, was auf den Gipfeln, im Ministerrat und in der Kommission gesagt und beschlossen wird. In Amerika, Russland oder China wird auf einen Knopf gedrückt, und die Sache läuft. Bei uns muss erst ein Konsens gesucht werden und manchmal ist das auch besser so.

Dernière mise à jour