Jean-Claude Juncker au sujet de la situation budgétaire et financière de la Grèce

Deutschlandfunk: Herr Juncker, noch schärfer hinschauen und noch etwas Zeit geben, das ist die Devise für das Thema Griechenland. Wie schaut man dabei den Griechen über die Schulter?

Jean-Claude Juncker: So ist das Thema nicht, wir haben verabredet, im Kreis der Eurogruppe, das heißt der 16 Finanzminister der Eurozone, dass Griechenland zusätzliche Anstrengungen wird unternehmen müssen. Griechenland muss klarmachen dass es nicht nur gewillt ist sondern es auch leisten kann, sein Haushaltsdefizit, seine Haushaltslücke um Minus 4% abzusenken, das heißt 4% seines Bruttosozialproduktes weniger auszugeben. Griechenland wird dies unter Beweis stellen müssen und wir räumen nicht Griechenland Zeit ein bis zu Mitte März dies zu tun, sondern das passiert ab heute früh 8 Uhr. Falls Griechenland das nicht schafft auf Grund seines vorgegebenen Stabilitätsprogrammes dies zu leisten, wird die Eurogruppe durch Mehrheitsbeschluss Griechenland zusätzliche Maßnahmen auferlegen, damit die Haushaltskonsolidierung in Griechenland passiert. Die in Deutschland massiv verbreitete Auffassung, als würde Europa hier Griechenland Vorschusslorbeeren zusenden ist eine völlig irrige Auffassung. Griechenland steht via haushaltspolitischen Souveränitätsverzicht unter europäischer Oberbeobachtung.

Deutschlandfunk: Der IFO-Chef [Hans-Werner] Sinn hat vor einer Stunde hier im Deutschlandfunk gesagt, notfalls müsse man den Griechen auch finanziell unter die Arme greifen, aber dann unter strengen Auflagen und zum Beispiel ein Finanzkommissar zur Seite stellen der die wirtschaftliche Entwicklung kontrolliert. Sind solche Maßnahmen in ihrer Runde auch erörtert worden?

Jean-Claude Juncker: Solche Maßnahmen sind sehr wohl erörtert worden. Wir sind der Auffassung, dass wir erhöhten Druck auf Griechenland zum Instrument nobeler tugendhafter Haushaltsführung werden erheben müssen. Griechenland muss wissen und Griechenland weiß das, dass es Vorleistungen zu bringen hat. Griechenland muss unter Beweis stellen, dass seine Haushaltsführung solide ist, dass das angepeilte Ziel – Haushaltsdefizit von minus 4% in Bruttosozialproduktpunkten ausgedrückt – eine zu erreichende Größe ist. Sollte Griechenland dies nicht schaffen aufgrund des vorgegebenen Stabilitäts- und Konsolidierungsprogrammes, wird die Eurogruppe durch Mehrheitsbeschluss Griechenland zusätzliche Auflagen erteilen, dies wird Mitte März erfolgen.

Deutschlandfunk: Heißt zusätzliche Auflagen auch Sanktionen? Können Sanktionen die Folge sein?

Jean-Claude Juncker: Sanktionen sind die natürliche Folgen dessen was wir in Vorbereitung der Dinge die kommen werden ins Auge fassen. Griechenland muss wissen dass die deutschen, die belgischen, die niederländischen, die luxemburgischen Steuerzahler nicht bereit sind die Fehlleistungen der griechischen Haushaltspolitik zu begleichen. Insofern ist Griechenland am Drücker und wir bringen Griechenland in die Nähe des vollen Durchdrückens haushaltspolitischer Konsolidierungsmaßnahmen.

Deutschlandfunk: Herr Juncker eben haben wir im gleichen Interview mit Professor Sinn auch gehört dass ein schwächelnder Euro Vorteile haben kann. Er stützt zum Beispiel den Export. Kann man da die Krise um Griechenland noch etwas gelassener sehen?

Jean-Claude Juncker: So sehe ich das nicht. Die Retrogradierung des Wechselkurses zwischen Euro und Dollar ist nicht das Ergebnis gewollter Politik sondern das Ergebnis akzeptierter Schwäche. Insofern, obwohl der Aussenwechselkurs des Euros sich jetzt vorteilhaft auf die Exportwirtschaft auswirken wird ist nicht das Ergebnis der Politik sondern das Ergebnis von Fehlleistungen. Insofern ist dies keine strukturelle Aussenwechselkurspolitik.

Deutschlandfunk: Offensichtlich haben große Geldinstitute und zwar kein geringeres als Goldman Sachs den Griechen geholfen die Bilanzen zu fälschen. So konnte Athen überhaupt erst in die Eurogemeinschaft aufgenommen werden, liest man heute in der Presse. Ist das nicht Anlass die Regeln für Bilanzen zu ändern?

Jean-Claude Juncker: Das ist sehr wohl Anlass die Bilanzregulierungen zu ändern. Unsere Forschungen in dem Bereich haben ergeben dass das Phänomen das Sie beschreiben, also die Hilfestellung von Goldman Sachs sich auf das Jahr 2001 reduzieren lässt und in den Folgejahren das Phänomen das Sie beschreiben nicht mehr zur Geltung gebracht wurde. Ich habe den Banken, den internationalen Finanzgruppen, nie übermäßig viel Nobles zugetraut, das erweist sich jetzt als wahr, aber wir werden das in Ordnung bringen müssen.

Deutschlandfunk: Wird es ein mahnendes Wort an Goldman Sachs geben? Immerhin ist die ganze Krise ja auch von amerikanischen Banken ausgegangen.

Jean-Claude Juncker: Ich habe nie ein überschäumendes Verständnis für die irrationale Art und Weise gehabt die große Finanzinstitute im Regelfall zur Anwendung gebracht haben. Insofern bestätigt dieser Verdacht dass Goldman Sachs die griechischen Zahlen geschönt hat, eher meinen Verdacht dass große Finanzinstitute Player sind aber keine Hilfe sind.

Deutschlandfunk: Gestern wurde auch eine Personalie vorentschieden, ein strategischer Portugiese, wenn man das so nennen kann, wurde zum Vize der EZB ernannt. Macht das den Weg frei für einen oder den Deutschen an der Spitze der europäischen Zentralbank?

Jean-Claude Juncker: Man mag das so in Berlin und Frankfurt sehen, ich sehe das nicht so. Der luxemburgische Kandidat, der luxemburgische Zentralbankgouverneur Yves Mersch ist erwiesenermaßen jemand der die Dinge versteht und die Dinge in Normen zu regeln weiß. Wenn man in Berlin und in Frankfurt denkt man hätte jetzt die Voraussetzung geschafft dass wieder ein Deutscher Präsident der europäischen Zentralbank würde, diese Vorstellung ist nicht zielorientiert. Und Deutschland wird darum kämpfen müssen dem Präsidenten der europäischen Zentralbank zu stellen, wenn Herr Trichet im November nächsten Jahres zurücktritt, zurücktreten muss, weil sein Mandat halt zeitmäßig begrenzt ist. Also diese kurzfristige Art Politik zu betreiben in dem Sinne dass man jetzt sich vornimmt es wird jemand aus Südeuropa Vizepräsident damit jemand aus Nordeuropa, sprich Deutschland, Präsident der europäischen Zentralbank wird, ist eine sehr kurzfristige Sicht der Dinge. Die Berliner täuschen sich oft wenn es um zukunftsträchtige europäische Perspektiven geht. Ich werde nicht in allen Fällen dafür plädieren, dass Deutschland den Posten des EZB-Präsidenten stellen wird. Die Bank ist Frankfurt, dies war ein politischer Kompromiss, man weiß in Deutschland nicht dass eigentlich laut Vertrag die EZB ihren Sitz in Luxemburg hätte haben müssen, weil in vorhergehenden europäischen Verträgen klargemacht wurde, dass alle Finanzinstitutionen nach Luxemburg gehören.

Deutschlandfunk: Noch keine Vorentscheidung?

Jean-Claude Juncker: Also, ich bin der Meinung dass der Vizepräsident ernannt wurde in der Perspektive zukünftiger deutscher Bestellung des Chefpostens der EZB. Man wird darüber reden müssen. Die Berliner machen sich die Sache einfach.

Deutschlandfunk: Schärfere Kontrollen und Hilfe für Griechenland und noch keine Voreintscheidung für die EZB.

Das war Jean-Claude Juncker. Besten Dank für das Gespräch, Herr Juncker.

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