Le Premier ministre Jean-Claude Juncker au sujet de la situation budgétaire de la Grèce et au sujet de la zone euro

Christophe Heinemann: Am Telefon ist der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, er ist gleichzeitig Chef der Eurogruppe. Guten Morgen.

Jean-Claude Juncker: Guten Morgen.

Christophe Heinemann: Herr Juncker, von wegen unverkäuflich: die griechische Staatsanleihe wird gekauft, überwiegend von institutionellen Anlegern, das heisst Banken und Versicherungen. War die Sorge übertrieben, oder erleben wir gerade ein Wunder?

Jean-Claude Juncker: Nein, die Sorge war nicht übertrieben und wir erleben auch zurzeit kein Wunder. Die griechische Regierung hat ein zusätzliches Sparprogramm vorgestellt, das wir von der griechischen Regierung verlangt haben. Das was jetzt vorliegt, und was heute im Parlament in Athen zum Gesetz wird, ist ein glaubwürdiger Konsolidierungsbeitrag. Ich bin mit dem was Griechenland vorschlägt sehr zufrieden.

Christophe Heinemann: Würden Sie griechische Staatsanleihen kaufen?

Jean-Claude Juncker: Ich kaufe nie Anleihen, ich habe keine Aktien und beschäftige mich in der Verwaltung meines Privatvermögens, das viel zu klein ist, nicht mit derartigen Dingen. Das überlasse ich den Fachleuten, und bei denen sehe ich, dass die sehr oft nicht wissen was sie tun.

Christophe Heinemann: Rechnen Sie damit, dass luxemburgische, deutsche oder französische Steuerzahler am Ende für Griechenland doch noch werden zahlen müssen?

Jean-Claude Juncker: Es gibt keinen Grund jetzt davon ausgehen zu müssen. Griechenland hat ein ehrgeiziges Konsolidierungsprogramm vorgelegt, das wird seine Wirkung entfalten.
Finanzmärkte können nicht so tun als ob Griechenland nicht auf die eingetretene Lage reagiert hätte. Die Finanzmärkte und die Regierungen können nicht so tun, als ob Griechenland sich nicht intensiv mit der selbstverschuldeten Problemlage auseinandersetzen würde. Ich gehe nicht davon aus, dass hier Hilfe, finanzieller Natur, von aussen notwendig werden wird.

Christophe Heinemann: Aber restlos ausschliessen können Sie dies auch nicht?

Jean-Claude Juncker: Das kann man nie ausschliessen. Und wir haben ja deutlich gemacht am 11. Februar, als Staats- und Regierungschefs, dass, falls Griechenland diese zusätzlichen Massnahmen nehmen würde, wir bereit sind entschlossen zu handeln damit die Finanzstabilität im Euroraum garantiert ist.

Christophe Heinemann: Herr Juncker, Ministerpräsident Papandreou sagte heute in einem Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, wir bitten nicht um Geld, was wir brauchen ist Unterstützung der EU und unserer europäischen Partner, damit wir an den Märkten Kredite zu besseren Bedingungen bekommen. Günstige Kredite kosten die Kreditgeber doch auch Geld?

Jean-Claude Juncker: Griechenland wird sich noch eine längere Zeit sich zu höheren Zinssätzen verschulden und refinanzieren müssen als andere. Aber diese so genannten Spreads sind ja dabei sich zurückzubilden.
Der griechische Premierminister hat absolut Recht. Erst wenn die Finanzmärkte in vollem Umfang verstanden haben, dass es eine europäische Solidarität, zumindest im Euroraum, mit Griechenland gibt, Solidarität die aktiviert werden kann falls die Finanzmärkte nicht zur Kenntnis nehmen würden, dass die griechische Regierung hier konsequent handelt. Insofern muss man laut sagen, die Griechen werden nicht allein gelassen, weil die Griechen es auch verdienen nicht allein gelassen zu werden, nachdem sie diese gewaltigen Anstrengungen die letzten Wochen über unternommen haben.

Christophe Heinemann: Solidarität heisst aber schon, die Euroländer winken mit Geld?

Jean-Claude Juncker: Nein, das tun wir nicht. Wir sagen den Finanzmärkten nur, passt auf, wir lassen die Griechen nicht allein. Und wir geben den Griechen nicht den Eindruck, dadurch dass wir einfach so Geld über den Tisch schieben würden, dass sie selbst nichts tun müssen. Es bleibt dabei, Griechenland muss sich aus dieser selbstverschuldeten Lage hinaus bewegen. Griechenland muss echt was tun, das tut Griechenland zurzeit.
Und erst wenn all dies nicht reichen sollte, wird die Eurozone bereit stehen, die Finanzstabilität im Euroraum zu garantieren. Aber ich gehe nicht davon aus, dass dies notwendig sein wird, weil ich möchte auch davon ausgehen wollen, dass die Finanzmärkte sehr wohl zur Kenntnis nehmen, dass die griechische Regierung hier zielorientiert und lage-adäquat agiert.

Christophe Heinemann: Herr Juncker, sollte der Internationale Währungsfond eingreifen?

Jean-Claude Juncker: Ich habe nicht den Eindruck, dass der Internationale Währungsfond eingreifen wird. Und er wird auch nicht eingreifen müssen, weil, wie gesagt, die griechische Regierung den Eindruck gibt, als hätte sie die Lage jetzt im Griff. Im Übrigen bin ich nicht der Meinung, dass der Internationale Währungsfond in der Eurozone finanzpolitisch stützend wirksam werden sollte. Wir sind eine Eurozone und wir müssen unsere Probleme selbst lösen.

Christophe Heinemann: Stichwort Finanzmarkt. Gegenwärtig sind mehrere Währungen unter Druck von Spekulanten: der Euro, auch das britische Pfund. Sie, Herr Juncker, haben Spekulanten mit Folterwerkzeugen gedroht. Über welche Instrumente verfügt die Politik?

Jean-Claude Juncker: Wenn ich Ihnen jetzt im Detail schildern würde woran ich gedacht habe, dann würden diese Folterinstrumente, was ich gerne zwischen Gänsefüsschen gesetzt sehen würde, keine Wirkung entfalten.

Christophe Heinemann: Aber virtuelle Daumenschrauben schrecken doch nicht ab?

Jean-Claude Juncker: Die Vorstellung, dass man den Daumen in eine derartige Schraube kriegt, die tut nicht nur virtuell weh.

Christophe Heinemann: Ewald Nowotny ist der Präsident der Österreichischen Nationalbank und Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank. Er hat gesagt, eine Notenbank könne die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes besser beurteilen als eine der herkömmlichen Rating-Agenturen. Sollte die Europäische Zentralbank das Rating-Geschäft, also diesen Wirtschafts- und Finanz-TÜV für Länder, selbst in die Hand nehmen?

Jean-Claude Juncker: Ich bin der Meinung, dass wir den Rating-Agenturen zu viel Aufmerksamkeit schenken. Vor Jahresfrist war jedem klar, dass die Rating-Agenturen durch falsche Einschätzungen der Lage bestimmter Finanzhäuser mit dazu beigetragen haben, dass wir in die Finanzkrise abgerutscht sind. Jetzt bewerten diese selben Rating-Agenturen die Bonität von Mitgliedsstaaten der Eurozone, und jetzt wird sich herdenvieh-mässig in die Richtung bewegt, in die die Rating-Agenturen tippen.
Insofern macht es Sinn, dass wir in Europa selbst eine eigene, europäische Rating-Agentur auf die Beine stellen, damit wir beim Bewerten sichere und belastbare Daten aus Europa selbst haben.
Ob die Europäische Zentralbank sich dies wird leisten können, ist eine andere Frage. Herr Nowotny hat dies angeregt, die Europäische Zentralbank wird sich in ihren Gremien darüber unterhalten müssen. Ich jedenfalls wäre froh, wenn wir ein europäisches Rating-Haus hätten, und falls dieses Rating-Haus sich in der Nähe der Europäischen Zentralbank ansiedeln würde, wäre mir das auch recht.

Christophe Heinemann: Jean-Claude Juncker, der luxemburgische Ministerpräsident und Chef der Eurogruppe, im Deutschlandfunk. Danke schön für das Gespräch, und auf Wiederhören.

Jean-Claude Juncker: Auf Wiederhören.

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