Le Premier ministre, ministre d'État Jean-Claude Juncker, au sujet d'une supervision européenne du secteur bancaire

Hartmut Fiedler: Die europäischen Politiker haben immer wieder gesagt, seit 2 Jahren taumeln wir durch eine Krise. Und die europäischen Politiker haben immer wieder gesagt, aber jetzt! Und was ist auf der Haben-Seite? Viele sagen, viel zu wenig.

Jean-Claude Juncker: Ich wehre mich gegen den Eindruck, als ob nichts passiert wäre. Mir sind die Entscheidungswege zu lang, aber Tatsache wird sein, die Finanzaufsicht wird stehen für Januar 2011. Die Hedgefunds werden wir auch relativ schnell endgültig regeln. Mir wäre es lieb wenn wir in Sachen Finanzmarkt-Transaktionssteuer etwas schneller von der Stelle kämen, aber dort sind wir in internationale Entscheidungsprozesse eingebunden die eher verlängernden als beschleunigenden Charakter haben.

Hartmut Fiedler: Um zur Finanzmarktreform unter den neuen europäischen Aufsichtsbehörden zu kommen: das was die Finanzminister beschlossen haben bedeutet im wesentlichen, dass diese Aufsichtsbehörden im Krisenfall nur dann Durchgriffsrecht haben wenn es allen Staaten passt. Das Europäische Parlament sagt, es müsste viel stärker sein, dieses Durchgriffsrecht. Die Kommission sollte eine größere Rolle spielen, es sollte nicht wieder jeder einzelnen Regierung überlassen bleiben.

Jean-Claude Juncker: Ich bin für eine zusätzliche Dosis an europäischen Durchgriffsmöglichkeiten, weil ich mir denke, dass wir auf nationalen Pisten alleine diesen Marktkräften nicht mit der notwendigen Macht- und Kraftfülle entgegen treten können. Aber es gibt halt einige Länder die der Auffassung sind, dass europäische Aufsichtsbehörden kein Durchgriffsrecht auf nationale Regelungen haben sollten. Ich glaube, in diesem Mitentscheidungsverfahren mit dem Europäischen Parlament würde es zu einer stärkeren Ausgestaltung dieses Zugriffs kommen.

Hartmut Fiedler: Das heißt, im Kreis der 27 haben Sie den Eindruck, alle haben den Ernst der Lage kapiert und alle wollen auch etwas tun.

Jean-Claude Juncker: Ich kenne niemanden dessen Einstellung es wäre, dass jetzt so weiter gemacht wird wie vor der Krise. Ich stelle allerdings auch fest, dass viele Finanzmarktakteure so tun als ob nichts passiert wäre. Und dies führt in breiten Bevölkerungsteilen zu einer zunehmenden Missstimmung weil doch viele Menschen den Eindruck haben, die Staaten wären in Anspruch genommen worden um die Finanzkrise auch mit Steuergeldern zu beheben und jetzt würden die Finanzmarktakteure wieder lustige Feste feiern, während der Steuerzahler sich den Riemen etwas enger schnallen muss.

Hartmut Fiedler: Herr Juncker, was kommt noch auf uns zu? Im Moment werden die Banken gerade geprüft. Wie stehen sie da? Wer hat möglicherweise wie viel Hilfe nötig? Die so genannten Stresstests – müssen wir vor den Ergebnissen Angst haben?

Jean-Claude Juncker: Die Stresstests die laufen, die werden am 23. Juli veröffentlicht, jedenfalls was die größeren Banken in Europa anbelangt. Mein Wissenseindruck ist der, dass keine großen Katastrophen zu erwarten sind. Wir sind uns im Kreise der EU-Regierungen darüber einig, dass, falls es zu Rekapitalisierungsanstrengungen bei einzelnen Bankhäusern kommen müsste, dass dies dann auch getan wird.

Hartmut Fiedler: Werden wir die Wahrheit erfahren?

Jean-Claude Juncker: Wer jetzt den Versuch starten würde diese Stresstests zu beschönigen, der wird von der Realität eingeholt werden. Weil ja niemand mehr von der Realität dementiert werden möchte, gehe ich davon aus, dass alle sehr wohl verstanden haben, dass jetzt Ross und Reiter genannt werden müssen.

Hartmut Fiedler: Wie viel schlechter wird es noch bevor es besser wird?

Jean-Claude Juncker: Ich lasse mich da nicht in diesen Prognosen-Reigen einverleiben. Die Wahrheit ist, dass niemand genau weiß, wie wir aus dieser Talsohle endgültig heraus kommen. Alle strengen sich an. Das Gesamtergebnis wird sein, dass wir wieder zu Wachstumsstärke zurück finden. Aber diese Wachstumsstärke wird deutlich unter dem Wachstumspotential das wir in den letzten Jahren hatten, liegen. Woraus sich ergibt, dass es Konsolidierungsanstrengungen aller Orten braucht.

Hartmut Fiedler: Sie haben einmal gesagt: „Die Politiker wissen was sie tun sollen, tun müssen. Sie wissen nur nicht wie sie wieder gewählt werden sollen wenn Sie es dann tatsächlich tun.“ Was verschweigen Sie uns diesmal?

Jean-Claude Juncker: Ich habe etwas beschrieben was Sache ist und das hat nichts mit Politikern zu tun, sondern auch mit der Wählerschaft insgesamt. Mann verlangt von Politikern immer, dass sie die blanke Wahrheit sagen, mag es aber überhaupt wenn sich aus der blanken Wahrheitsnennung politische Maßnahmen ergeben die dann nicht nach dem Geschmack von jedermann sind. Wir müssen jetzt tun was zu tun ist und wir wissen noch immer nicht wie wir dann Wahlen gewinnen können. Aber wir müssen es tun.

Dernière mise à jour