"Irland musste erst zur Einsicht kommen", Jean Asselborn au sujet de l'aide financière accordée à l'Irlande

Der Tagesspiegel: Herr Asselborn, hat die EU im Fall Irlands besser reagiert als auf dem Höhepunkt der griechischen Schuldenkrise?

Jean Asselborn: Wenn man Realist ist, kann man nicht überrascht sein, dass Irland Hilfen aus dem Rettungsfonds beantragt hat. Irland musste aber erst zur politischen Einsicht kommen, dass es die Situation nicht alleine meistern kann - zu dieser Einsicht konnte die Iren niemand zwingen. Jetzt geht es darum, die Bedingungen für das Hilfspaket auszuhandeln.

Der Tagesspiegel: Soll eine dieser Bedingungen darin bestehen, dass Irland seine vergleichsweise niedrigen Unternehmenssteuern erhöht?

Jean Asselborn: Ich finde es nicht gut, wenn ein Staatspräsident Irland auffordert, die Steuern zu erhöhen, wie es am Rande des Nato-Gipfels in Lissabon geschehen ist ...

Der Tagesspiegel:... diese Forderung erhob Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy ...

Jean Asselborn: Die Situation, die das irische Volk jetzt überstehen muss, ist schon schwierig genug. Natürlich muss jetzt über die Bedingungen des Hilfspakets verhandelt werden. Aber wir sollten die Iren jetzt nicht von außen mit Forderungen überschütten. Für Irland kommen jetzt nur zwei Lösungswege infrage - Einsparungen und Mehreinnahmen. Was die Unternehmenssteuern anbelangt: Man muss aufpassen, dass man Irland jetzt nicht erwürgt. Irland hat wirtschaftlich bereits jetzt schon so viel verloren. Und wenn man dem irischen Standort jede Anziehungskraft nimmt, dann geht es noch viel mehr bergab. Und je mehr es bergab geht, umso teurer wird es am Ende Europa zu stehen kommen.

Der Tagesspiegel: Kanzlerin Merkel fordert ab 2013 einen dauerhaften Krisenmechanismus und eine Änderung des Lissabon-Vertrages.

Jean Asselborn: Eine Änderung des Lissabon-Vertrages ist zweitrangig. Ich unterstütze, dass wir einen Krisenmechanismus bekommen, der nach 2013 greift. Dabei möchte ich an den Vorschlag des Vorsitzenden der Euro-Gruppe, des luxemburgischen Premiers Jean-Claude Juncker, erinnern. Er hat Euro-Bonds ins Gespräch gebracht, und auch mein früherer Amtskollege Frank-Walter Steinmeier hat sie nicht abgelehnt. Solche Bonds würden vielleicht mit zusätzlichen Kosten für Deutschland verbunden sein. Für viele Länder, die auf ihre Anleihen hohe Risikoaufschläge zahlen, wären sie eine riesige Hilfe.

Der Tagesspiegel: Merkel verlangt eine Beteiligung der privaten Gläubiger nach 2013.

Jean Asselborn: Ich bin dagegen, zum gegenwärtigen Zeitpunkt diese Forderung zu sehr in den Mittelpunkt zu stellen. Das hat einen Effekt, der mehr schadet, als er nutzt.

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