Jean-Claude Juncker au sujet des euro-obligations

Jean-Claude Juncker: Guten Abend.

Claus Kleber: Habe ich das richtig verstanden? Sie wollen die soliden Deutschen in eine Haftungsgemeinschaft pressen mit den unsoliden, sagen wir, Iren und Griechen, und wundern sich jetzt darüber, dass Deutschland nicht begeistert ist.

Jean-Claude Juncker: Das haben Sie so verstanden, weil Sie fast nur deutsche Zeitungen lesen, aber so ist das nicht.
Es kommt mir darauf an, dass wir die Solidarität der Tugendhaften in Kombination bringen mit der notwendigen Solidität derer, die in den vergangenen Jahren nicht anständig gewirtschaftet haben und ihren Haushalt nicht in Ordnung brachten. Wir brauchen beides. Auch Solidität, weil, so ist es nicht, dass der Plan den ich vorgelegt habe darin bestünde, dass die Deutschen jetzt die Zeche für die zahlen müssen, die nicht ernsthaft zu Werke gingen.

Claus Kleber: Das wäre aber nicht vollkommen neu, wenn die Deutschen die Zeche zahlten für die Unsoliden.

Jean-Claude Juncker: Wissen Sie, unter dem Rettungsschirm, unter dem wir diejenigen Länder pfleglich behandeln die keinen adäquaten Zugang zu den Finanzmärkten haben, ist es so, dass ein Luxemburger pro Kopf mehr zahlt als ein Deutscher. Das wissen die Deutschen nicht.

Claus Kleber: In der Summe zahlt Deutschland natürlich wegen seiner Größe sehr viel mehr.

Jean-Claude Juncker: Der Steuerzahler kennt keine Summe, er kennt nur sein Portemonnaie.

Claus Kleber: Ja, trotzdem sind die deutschen Interessen in dieser Frage gewaltig. Und es ist am Ende so, dass wenn Solide und Unsolide gemeinsam haften, dann zahlt am Ende der Solide. So war das immer.

Jean-Claude Juncker: So wird es aber in dem Entwurf den ich vorgelegt habe nicht sein.
Ein Teil wird solidarisch finanziert, und der größere Teil den die Hochverschuldungsländer selbst tragen müssen, wird auch zu einem höheren Zinssatz geleistet werden müssen als der Teil der Soliden. Insofern ist es nicht so. Es kommt mir schon auf diese Feststellung an, dass die Deutschen [wird unterbrochen]

Claus Kleber: Es ist eine Verständnisfrage, Herr Juncker, wenn ich darf.
Wenn ich das richtig verstehe sollen ja 40% der gesamten Staatsschulden eines Landes in der Eurozone in Zukunft dann über diese Euroanleihen finanziert werden. Das heißt also, Deutschland müsste 40% seiner neu zu finanzierenden Staatsschulden, und das sind gewaltige Summen, über diese Euroanleihe refinanzieren. Und die wird nun einmal teurer sein als das was Deutschland alleine bezahlen muss. Und selbst wenn das nur ein halbes Prozent teurer ist, ist ausgerechnet worden, das kostet am Ende die Deutschen 9 Milliarden Euro mehr als das bisherige Modell.
Das kann einen doch nicht wundern, dass dann die deutsche Regierung sagt, ohne uns.

Jean-Claude Juncker: Mich wundert das auch nicht, weil ich ja auch die deutsche Befindlichkeit sehr gut kenne und auch die etwas skeptische Einstellung der Deutschen Öffentlichkeit derartiger
Fragen gegenüber, was ich auch nachvollziehen kann.
Aber es wird sehr von den Modalitäten abhängen die man in diesen Plan hineinpackt. Es ist ja nicht nur die Frage zu betrachten, wer für wen zahlt. Alle zahlen für jeden und jeder zahlt für alle. Aber die Deutschen werden nicht die gesamte Schuldenlast der Eurozone auf ihren Schultern tragen müssen.
Hinzu kommt, dass wir, wenn dieser Vorschlag verwirklicht würde, der wird das nicht schnell werden können, wir dann in Europa auch einen Finanzkapitalmarkt haben werden, der mit dem amerikanischen vergleichbar ist, also eine Zufuhr eine Liquidität in Europa erleben werden. All dies wird den Euro und seine Stabilität auf Dauer stärken.

Claus Kleber: Ist das ein großer Geburtstagswunsch von Ihnen, dass dieses Konzept, das im Moment aussichtslos erscheint weil Deutschland und Frankreich dagegen sind, dann doch noch eines Tages europäisches Regelwerk wird?

Jean-Claude Juncker: Ich nehme das was die Kanzlerin und andere Verantwortungsträger in Deutschland gegen diesen Vorschlag in Aufstellung bringen selbstverständlich sehr ernst. Unter Freunden muss man darüber reden, auch etwas heftiger reden als normalerweise.
Aber ich bin davon überzeugt, dass diese Euroanleihen ein Instrument sein könnten, und eines Tages auch sein werden, um irrationale Bewegungen auf den Kapitalmärkten, die sich gegen einzelne Länder der Eurozone und gegen die Eurozone insgesamt richten, abzubremsen.

Claus Kleber: Ein Mann der sich offenbar nicht entmutigen lässt, sagen wir es noch mal deutlich. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Geburtstag heute und danke, dass Sie uns trotzdem zur Verfügung standen.

Jean-Claude Juncker: Vielen Dank und guten Abend.

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